Kraftfahrzeuganpassung für körperbehinderte Menschen
Kraftfahrzeuganpassung oder -umrüstung für körperbehinderte Menschen bezeichnet die Umstellung der Einrichtungen eines Standard-Kraftfahrzeugs für die Benutzung und Steuerung durch körperbehinderte Kraftfahrer.
Das Auto ist ein wesentlicher Bestandteil individueller Mobilität. Dies gilt noch viel mehr für Menschen mit Behinderungen.
Bei schweren körperlichen Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Gliedmaßenverlust oder Lähmungen können jedoch die für den Durchschnittsmenschen vorgesehenen Bedienelemente des Kraftfahrzeugs häufig nicht oder nicht sicher genug betätigt werden.
Um den Ein- und Ausstieg und insbesondere den Übergang zwischen Rollstuhl und Fahrersitz zu ermöglichen und um erhöhte Anforderungen zur Erhaltung der Fahrerkondition zu erfüllen, sind zusätzliche Einbauten und Ausstattungen nötig.
Mit einer inzwischen umfassenden Anpassungstechnologie können Kraftfahrzeuge an Bedürfnisse behinderter Menschen angepasst werden. Damit wird deren Teilhabe an Beruf und gesellschaftlichem Leben unterstützt.
Um das Kraftfahrzeug an die Bedürfnisse und Möglichkeiten körperbehinderter Fahrer anzupassen, werden an den Standard-Bedienteilen meist Zusatzvorrichtungen angebracht, die die Bedienung ermöglichen. Die Originalbedienungen bleiben dabei meist erhalten, um die Benutzungsmöglichkeit auch durch andere Personen (zum Beispiel Familienmitglieder) sowie auch den Wiederverkaufswert des Fahrzeugs nicht zu beeinträchtigen.
Die handwerkliche Ausführung der Umrüstungen erfolgt in Handwerksbetrieben, die sich auf diesen Bereich besonders spezialisiert haben. Zunehmend bieten auch immer mehr Fahrzeughersteller ab Werk oder in Kooperation mit Umrüstern ein passend ausgestattetes Fahrzeug an.
Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) regelt in Deutschland die amtliche Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr.
Nach § 2 der FeV darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet. „Die Pflicht zur Vorsorge, namentlich durch das Anbringen geeigneter Einrichtungen an Fahrzeugen, durch den Ersatz fehlender Gliedmaßen mittels künstlicher Glieder […] obliegt dem Verkehrsteilnehmer selbst.“
Nach § 11 der FeV „kann die Fahrerlaubnisbehörde, falls Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, das Beibringen eines fachärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Die Kosten dafür hat der Bewerber zu tragen.“ Artikel 7 der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie bzw. die Richtlinie 91/439/EWG besagt, dass u. a. die Ausstellung des Führerscheins abhängt von der Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie ist.
Die vom deutschen Bundesminister für Verkehr herausgegebenen Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung und der Anhang III der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie spezifizieren für definierte Krankheitsbilder und Behinderungen etwa gleichlautend Mindestanforderungen hinsichtlich der körperlichen und geistigen Tauglichkeit für das Führen eines Kraftfahrzeuges.
§ 23 der FeV besagt unter anderem: „Ist der Bewerber nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis […] unter den erforderlichen Auflagen erteilen. Die Beschränkung kann sich insbesondere auf […] ein bestimmtes Fahrzeug mit besonderen Einrichtungen erstrecken.“ Diese Beschränkungen und Auflagen werden auf der Rückseite des EU-Führerscheins in der Spalte 12 in Form von codierten Schlüsselzahlen eingetragen. Diese Schlüsselzahlen sind europaweit prinzipiell einheitlich in der EU-Richtlinie 2006/126/EG geregelt. In der Fassung nach deutschem Recht ist das gleiche mit einigen nationalen Zusätzen in der Anlage 9 (zu § 25 Abs. 3) der Fahrerlaubnisverordnung festgelegt und beschrieben.
Für den Fall, dass ein Führerscheinbesitzer nach Krankheit oder Unfall mit verbleibender körperlicher Beeinträchtigung besondere Umbauten am Fahrzeug benötigt, könnte die „Vorsorge“ nach § 2 FeV zwar in eigener Regie ohne erneute Fahrprüfung erfolgen. Kritisch wird dieses Verhalten jedoch für den körperbehinderten Fahrer, wenn es zu einem Unfall kommt und die Betroffenen Zweifel an der Befähigung zum Fahrzeugführen äußern.
Eine Meldung bei der Fahrerlaubnisstelle mit anschließendem Eintrag der Fahrzeuganpassungen in den Führerschein würde demgegenüber die Befähigung zum Fahrzeugführen und die ausreichende Vorsorge amtlich belegen. § 11 Absatz 4, Satz 2 besagt hierzu:
„Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln […] angeordnet werden […] bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.“
Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr (beim TÜV) kann zur Klärung angeordnet werden bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann. Dieses Gutachten kann in Form einer Prüfungsfahrt (Fahrprobe) mit dem umgerüsteten Fahrzeug in Begleitung des Prüfers der Zulassungsstelle erfolgen. Nach befriedigendem Verlauf wird der Prüfer die EU-Codenummer („Schlüsselzahlen“) für die von ihm bei der Prüfung vorgefundenen benötigten technischen Einrichtungen direkt in den bestehenden Führerschein eintragen. Die Fahrerlaubnisprüfung wird mit einem Schulungsfahrzeug absolviert, das die erforderlichen Umrüstungen enthält. Bei sehr umfangreichen Umrüstungen wird sogar das eigene Fahrzeug nach Fertigstellung zur Schulung benutzt.
Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV regelt gegenwärtig die amtliche Zulassung der Fahrzeuge zum Straßenverkehr. Das umgerüstete Fahrzeug ist der Technischen Prüfstelle zur Begutachtung vorzuführen. Die Prüfstelle wird vorgenommene Umbauten und Anpassungen eventuell in den Fahrzeugschein eintragen und eine Fahrprobe veranlassen. Sinnvoll ist daher, bereits vor einer Umrüstung oder Beschaffung eines umgerüsteten Fahrzeugs die erforderlichen Umrüstungen mit der Prüfstelle zu besprechen, um eine reibungslose Abwicklung der Prüfung und Zulassung zu ermöglichen. Um aufwendige und kostspielige Prüfungen zu vermeiden, empfiehlt es sich auch, für Umrüstungen diejenigen Firmen zu beauftragen, die vom Hersteller autorisiert oder empfohlen sind. Diese Firmen nehmen ihre Umrüstungen in Abstimmung mit den Herstellern vor, die ihrerseits fallweise eine „Unbedenklichkeitserklärung“ über die Umrüstungen für die Prüfstelle abgeben müssen.
Für eine finanzielle Hilfe beim Erwerb eines geeigneten Fahrzeugs können je nach Fall die gesetzliche Unfallversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit sowie die Träger der begleitenden Hilfe im Arbeits- und Berufsleben sein. Die Krankenkassen kommen dabei eindeutig nicht in Frage. Die Leistungen der verschiedenen Träger orientieren sich sämtlich an den Vorgaben der „Kraftfahrzeughilfe zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben“ bzw. der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (Kfz-HV), die die Wiedereingliederung Behinderter in das Arbeitsleben erleichtern soll.
Für eine Zusatzausstattung, die wegen der Behinderung erforderlich ist, ihren Einbau, ihre technische Überprüfung und die Wiederherstellung ihrer technischen Funktionsfähigkeit werden die Kosten bei Wiedereingliederung in vollem Umfang übernommen, § 7 Kfz-HV. Die Förderung ist unabhängig vom Einkommen oder Vermögen des Antragstellers.
Dort wird allerdings auch bestimmt, dass anstelle von Kfz-Hilfe ein Zuschuss für die Beförderung des Behinderten, insbesondere durch Beförderungsdienste, geleistet werden kann, wenn dies wirtschaftlicher und dem Behinderten zumutbar ist. Das Gleiche gilt auch für den Fall, dass der Behinderte das Kfz nicht selbst führen kann und auch nicht gewährleistet ist, dass ein Dritter das Fahrzeug für ihn führt.
Nach dem Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) ist das Halten von Kraftfahrzeugen für Schwerbehinderte mit den Merkzeichen „H“, „Bl“ oder „aG“ im Schwerbehindertenausweis (hilflos, blind oder außergewöhnlich gehbehindert) von der Steuer befreit. Die Kfz-Steuer ermäßigt sich um 50 % für Schwerbehinderte mit orangefarbener Flächenmarkierung im Schwerbehinderten-Ausweis (zugelassen zur unentgeltlichen Beförderung im ÖPNV), wenn das Recht zur unentgeltlichen Beförderung nicht in Anspruch genommen wird. Hierfür muss ein Antrag gestellt werden.