Fahrdynamikregelung ESC (Electronic Stability Control)
Der Begriff Fahrdynamikregelung ESC (Electronic Stability Control), auf Deutsch Elektronische Stabilitätskontrolle, im deutschsprachigen Raum häufig auch mit „ESP“ für Elektronisches Stabilitätsprogramm abgekürzt, bezeichnet ein elektronisch gesteuertes Fahrassistenzsystem für Kraftfahrzeuge, das durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder dem Ausbrechen des Wagens entgegenwirkt.
ESC ist in der heutigen Ausführung eine Erweiterung und Verknüpfung des Antiblockiersystems (ABS) mit einer Antriebsschlupfregelung (ASR) und einer Elektronischen Bremskraftverteilung sowie mit einem Bremsassistenten, bei LKW mit dem elektronischen Bremssystem.
Seit November 2014 müssen alle in der EU neu zugelassenen Pkw der Klasse M1 und LKW der Klasse N1 mit ESC ausgestattet sein.
Das erste Electronic Stability Control wurde 1995 unter dem Namen Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP) von Bosch für das Mercedes S-Klasse Coupé in Serie gefertigt. Die Abkürzung ESP ist eine Marke der Daimler AG, daher gibt es bei anderen Fahrzeugherstellern zum Teil andere Bezeichnungen. 1995 haben auch BMW (DSC Dynamic Stability Control im 7er) und Toyota (VSC Vehicle Stability Control im japanischen Crown, Lexus erst 1997 im LS) eigene Fahrdynamikregelungen eingeführt.
Alfa Romeo und Nissan nennen ihr System VDC (Vehicle Dynamics Control), Ferrari CST (Controllo Stabilità e Trazione), General Motors Company (GMC) StabiliTrak, Honda VSA (Vehicle Stability Assist), Jaguar und Mazda DSC (Dynamic Stability Control), Maserati MSP (Maserati Stability Program), Porsche PSM (Porsche Stability Management) und Volvo DSTC (Dynamic Stability and Traction Control).
In anbieterneutralen Fachkreisen wird für das System der Begriff ESC (Electronic Stability Control) oder Fahrdynamikregelung verwendet.
Dieses Fahrerassistenzsystem versucht durch gezieltes Bremsen einzelner Räder, ein Schleudern des Fahrzeugs im Grenzbereich in Kurven sowohl beim Übersteuern als auch beim Untersteuern zu verhindern und dem Fahrer so die Kontrolle über das Fahrzeug zu sichern.
Damit ESP auf kritische Fahrsituationen reagieren kann, vergleicht das System permanent (bis zu 150-mal pro Sekunde) den Fahrerwunsch mit dem Fahrzustand. Der Lenkwinkelsensor liefert den Fahrerwunsch hinsichtlich der Fahrtrichtung. Motormanagement, die ABS-Drehzahlsensoren und der Gierratensensor (Gierrate, Querbeschleunigung) liefern die Daten des Fahrzeugverhaltens. Ein weiterer Beschleunigungssensor erkennt bei neueren Systemen auch eine Drehung in der Längsachse des Autos (Überschlag). Wenn eine wesentliche Abweichung des berechneten Fahrzustandes vom Fahrerwunsch festgestellt wird, greift das System ein. Ein Übersteuern wird durch Abbremsen des kurvenäußeren Vorderrades, ein Untersteuern durch Abbremsung des kurveninneren Hinterrades korrigiert. Die Radposition spielt dabei eine doppelte Rolle: Einerseits erzeugt die Bremskraft auf der kurveninneren Seite ein Giermoment, das das Eindrehen unterstützt, und umgekehrt. Andererseits verliert ein gebremstes Rad an Seitenführungsfähigkeit, d. h. Bremskraft an der Hinterachse unterstützt das Eindrehen, und umgekehrt. Einseitige Bremseingriffe an der Vorderachse können am Lenkrad spürbar sein. Dieser Effekt kann als Komfortminderung ausgelegt werden, deshalb lassen manche Hersteller die Vorderachse erst eingreifen, wenn die Korrektur an der Hinterachse sich als nicht wirksam genug erweist.
Zusätzlich kann ESP auch die Motorleistung drosseln, um die Fahrzeuggeschwindigkeit zu verringern und ein Durchdrehen der Antriebsräder zu verhindern. Von Beginn an wurden die ESP-Systeme auch mit einer Traktionskontrolle verbunden, die ein durchdrehendes Antriebsrad abbremst und so das Antriebsmoment auf das andere Rad verlagert. Neben der zusätzlichen Sensorik (siehe oben) ist für das ESP die Trennung aller Radbremskreise erforderlich, damit jedes Rad einzeln abgebremst werden kann.
Es gibt nur wenige Spezialfälle, bei denen ESP gelegentlich „stört“. Dazu gehört das Fahren mit Schneeketten, auf steilen, verschneiten Steigungen (wegen Nichtzulassung des benötigten hohen Schlupfs), in Steilkurven (auf Rennstrecken), gewolltes Driften in Kurven, schnelles Beschleunigen und allgemein das absichtliche Fahren im Grenzbereich. Hier bemerkt der Fahrer beispielsweise eine Drosselung der Motorleistung. Daneben eignet sich ESP auch dazu, Schwächen in der Fahrwerksauslegung und -abstimmung zu korrigieren.
Aus diesen Gründen ist die Aktivierungsschwelle abhängig von der Marken- und Produktphilosophie des jeweiligen Herstellers, beispielsweise eine etwas spätere Aktivierung bei Porsche. Daneben lässt sich ESP bei vielen Herstellern abschalten. Bei einigen aktiviert es sich allerdings wieder, wenn das Bremspedal im Grenzbereich getreten wird. Geschieht das, regelt das ESP das Fahrzeug bis zum stabilen Fahrzustand und schaltet sich dann wieder ab. Das ist im Fahrzeuginneren zwar nicht visuell erkennbar, allerdings in Form eines „Ruckelns“ spürbar. Bei anderen lässt sich die Aktivierungsschwelle über einen Schalter nur von früh/vorsichtig auf spät/sportlich verschieben. Die Mechanismen sind dabei teilweise undokumentiert.
Beispiel einer Fahrsituation
Ein Pkw fährt eine Rechtskurve. Droht ein Ausbrechen des Hecks nach links durch eine Lastwechselreaktion, durch ein Aufschaukeln des Fahrzeugs nach schneller Lenkwinkeländerung, durch starke Leistungserhöhung bei heckgetriebenen Fahrzeugen (Leistungsübersteuern), durch einen technischen Defekt (zum Beispiel Platzen eines Hinterreifens) oder durch eine Änderung des Reibwertes im Kurvenverlauf, bremst das ESP das Rad vorne links ab. Dadurch wird ein Giermoment nach links erzeugt, das dem Übersteuern des Fahrzeugs entgegenwirkt. Das Rad vorne links und damit die Vorderachse verlieren außerdem durch die Bremsung an Seitenführungskraft (vgl. Kammscher Kreis), was das Einlenkmoment und damit das Übersteuern des Fahrzeugs zusätzlich abschwächt.
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